Prototypen

Die ersten Airbag-Gasgeneratoren entstanden 1969 bis 1971 bei der extBayern Chemie (Ottobrunn / Aschau am Inn) in Zusammenarbeit mit Daimler Benz. Als Gaserzeugungssatz wurde in den ersten Generator-Mustern der Doublebase Treibstoff DBE 400 und DBE 470 eingesetzt.

Airbag-Gasgeneratoren
Bild 1: Gasgenerator-Prototypen der ersten Stunde. Quelle: Archiv Patzelt, Daimler Benz

Von links nach rechts:

Erster Gasgenerator Prototyp:

  • DBE 470 Scheibenladung
  • Ammoniumoxalat Kühlstoff im Zwischenraum zwischen Brennraum / Lavaldüse
  • Ringförmige Lavaldüse

Man hatte bei diesem Prototypen übersehen, dass der Staudruck im Bag die Gastemperatur bestimmt, welche auf das Bag-Gewebe einwirkt. Die Lavaldüse war somit wirkungslos.

Zweiter Gasgenerator (bauraumoptimiert)

  • DBE 470 Scheibenladung ( super schnell , 20ms )
  • Gasumlenkung zur Kühlung
  • 24 Ausströmlöcher mit leicht unterschiedlichen Durchmessern ( Reißverschluss-Öfnungsfunktion zur Schalldruck-Reduzierung )
  • Lenkspindelbefestigung

Dritter Gasgenerator

  • DBE 400 Wickelladung (billig; kleinstes Volumen; minimales Gewicht; 30ms )
  • Gasumlenkung zur Kühlung
  • 24 Ausströmlöcher mit gleichem Durchmessern, aber sektorialer Verdämmungsstärke

Der erste Seriengenerator

Bald wurde jedoch der extdoppelbasische Treibstoff durch den wesentlich stabileren Azid-Treibstoff ersetzt, welcher auch nach über 15 Jahre keine Leistungsverringerung durch thermische Zersetzung bzw. Alterung aufweist. So gingen auch die ersten Airbag-Gasgeneratoren mit diesem, zu Tabletten verpressten Festtreibstoff, bei der extBayern Chemie in Serie.

Ab dem Jahr 1996 wurde der Azid-Treibstoff durch azidfreie, umweltverträglichere Neuentwicklungen ersetzt, welche noch heute in zahlreichen Varianten zum Einsatz kommen. Einer der ersten azidfreien Gassätze war z.B. der extSINCO A1 der Dynamit Nobel AG (jetzt RUAG), welcher haupsächlich aus 5-Aminotetrazol (ATZ oder 5AT) und einem Alkali-Nitrat besteht. Heute wird als Oxitationsmittel in den Treibsätzen meistens das extGuanidiniumnitrat als Oxidator eingesetzt.

extAmmoniumnitrat wäre ein hervorragendes Oxidationsmittel für Airbag Gasgeneratoren. Leider ist dieses Salz sehr hygroskopisch und hat einen Phasenübergang der Kristallstruktur bei etwa 32,2°C (Übergang zwischen den Polymorphen IV und III). Der Airbag Hersteller Takata konnte diesen Nachteil mit extphasenstabilisiertem Ammoniumnitrat umgehen, so dass sie einen sehr umweltfreundlichen Treibsatz mit nahezu 100% Gasausbeute, hoher Leistungsdichte und ohne störende Partikel (Rauch) herstellen konnten. Leider kam es dennoch zu mehreren extZwischenfällen in feucht-heißen Gebieten im Süden der USA, so dass nun auch die neuen Gasgeneratoren von Takata auf einer AN freien Rezeptur basieren.

Funktionsweise

Wird ein programmierter Schwellenwert des Sensorsignals überschritten und entspricht dieser einem speziellen Muster, schaltet das Steuergerät Leistungstransistoren durch und ein elektrischer Strom fließt durch den dünnen Widerstandsdraht der Anzündeinheit. Dies löst eine thermische Kettenreaktion aus. Der schmelzende Widerstandsdraht zündet über seine Hitze die Anzündmasse und diese wiederum die Anzündverstärkerladung. Die hier entstehende Energie wird auf die Anzündmischung übertragen, welche früher wegen der hohen Energiedichte meist aus Bor und Kaliumnitrat bestand.

Die aus der Reaktion entstehenden heißen Gase und Partikel entzünden nun die in der Brennkammer befindlichen Treibstofftabletten, welche unter einem Druck von 200 bis 300 bar schnell abbrennen (ca. 20 mm/s = Deflagration). Idealisiert lässt sich die chemische Reaktion eines alten, nicht mehr produzierten Azid-Treibstoffes wie folgt darstellen:

42 NaN3 + 2 KNO3 + 8 Fe2O3 + 5 SiO2 => 21 Na2O + K2O + 8 Fe + 8 FeO + 5 SiO2 + 64 N2

Das Eisenoxid senkt die Verbrennungstemperatur um etwa 600 K auf 1330°C, das Siliziumoxid dient als Schlackefänger. Innerhalb von 30 Millisekunden ist der Treibstoff vollständig abgebrannt und erzeugt etwa 40 % Stickstoffgas und 60% Schlacke (Gewichtsprozente). Moderne Treibstoffe haben inzwischen eine Gasausbeute von 60-99 %.

Generell enhalten Airbag Gasgeneratoren keinen Sprengstoff! Wenn dem so wäre, würde das Lenkrad bei der Funktion pulverisiert. Es handelt sich immer um einen Treibstoff, meist zu Tabletten verpresst, welche in einer definierten Zeit kontrolliert abbrennen, wobei die dabei entstehenden Gase aus den Abströmbohrungen in den Luftsack entweichen und diesen in weniger als 50 ms entfalten.